Auskunftssperre auch für IHK-Daten einrichten

Firmendatenbank im Internet, bundesweiter Adressservice, IHK-Standortportal Bayern

In der aktuellen Wirtschaftszeitung der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth findet man unter den Bekanntmachungen Datenschutzhinweise Datenspeicherung und Übermittlung.

Nach dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern, IHKG §9 Abs.4 darf die IHK „zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken [Daten] an nichtöffentliche Stellen übermitteln.“

Nach diesem Passus halten es die IHK’s insbesondere der Bayerischer Industrie- und Handelskammertag BIHK e.V. für eine gute Idee, die bei den einzelnen IHK’s liegenden Daten in einer neue Datensammlung, als „bayerische Firmendatenbank“ zusammenzuführen und an eine weitere Datensammlung, den „bundesweiten Adressservice“ weitergegeben.

Eine weitere Datensammlung des BIHK e.V die auch aus IHK-Daten gespeist wird, ist das „IHK-Standortportal Bayern

Wer seine Daten nicht in zu diesen oben erwähnten Datensammlungen des BIHK e.V beisteuern will, muss „innerhalb von vier Wochen ab dem Datum des Versands der IHK-Zeitung „Oberfränkische Wirtschaft“, Heft 06/2016, spätestens bis 11. Juli mit nebenstehendem Vordruck widersprechen.


Die bayerische Firmendatenbank“ sowie der bundesweite Adressservice enthalten dann (initial) folgende Einzelangaben:

  1. Firmenname, Anschrift, Wirtschaftszweig
    (§ 9 Abs. 4 S. 1 IHKG)
  2. Die in einer Gewerbeanmeldung enthaltenen Daten
    (§ 9 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 u. Abs. 6 S. 2 IHKG)
    1. Kommunikationsdaten (Telefon, Fax, E-Mail-Adresse, Web-Adresse),
      Betriebsgrößenklasse
    2. HR-Nummer und Registergericht
      (nur beim bundesweiten Adressservice)
  3. Zudem ausschließlich in der bayerischen Firmendatenbank
    1. Firmenprofil (freiwillig),
      in Deutsch und Englisch nach Ihren individuellen Angaben
    2. sonstige freiwillige Angaben zu Ihrem Unternehme

Der Zweck dieser Datensammlung dient, wie im IHKG abgeschrieben, „ausschließlich zur Förderung des Wirtschaftsverkehrs[2]

Die Bekanntmachung der Kammer klingt eher wie eine Produktdarstellung mit Mitteln des Marketings:
„Es präsentieren sich nahezu alle im Handelsregister eingetragenen Mitgliedfirmen in einer gemeinsamen Datenbank.“

Wer will da schon „Nein!“ sagen?!

Nein! – Nicht die Mitgliederfirmen präsentieren sich, sondern der BIHK e.V präsentiert Daten der IHK-Mitglieder!

Selbst der Begriff „Mitgliedfirmen“ ist irreführend: Es sind nicht nur Daten von Firmen, die in der Firmendatenbank gesammelt werden, sondern es sind alle IHK-Mitglieder, also alle gewerblichen Unternehmen insbesondere auch Einzelunternehmer, die der berufsständische Körperschaften des öffentlichen Rechts per Gesetz zugeordnet werden. – Manche bezeichnen das als „Zwangsmitgliedschaft“.

Die (Zwangs-)Mitglieder-Daten der IHK werden durch einen privaten Verein ohne öffentlichen Auftrag, den BIHK e.V vermarktet.

Für Sammelbestellungen von Datensätzen hat der Verein sogar eine Preistafel. Neben einem Grundbetrag von 40,00€ kostet der erste bis fünfhunderste Datensatz 0,30€, rabattiert gestaffelt geht es weiter, bis jeder Datensatz ab dem 10001. nur noch 0,05€ kostet. Im Beispiel kosten 10.050 Adressen nur 1372,50€ zzgl. MwSt – 13,7¢ pro Datensatz.

Im Grunde ist die „bayerische Firmendatenbank“ ein Webshop für Mitgliederdaten der IHK’s, diese kann man als „Liste in Warenkorb legen“, über den Warenkorb „Zur Kasse“ gehen, die Bestellung abschließen und die Daten auf CD-ROM oder per geschütztem Download beziehen.

Der Absatz 3 der AGB der Firmendatenbank läßt bezweifeln, ob es tatsächlich „wettberwerbsrechtlich grundsätzlich unzulässig“ ist, die „überlassenen Firmendaten zur unaufgeforderte Werbung […] zu verwenden“.
Eine weitere Nutzung, z.B. der Aufbau anderer Datensammlungen sowie die Erweiterung bestehender ist nicht berücksichtigt.
So kann man gespannt sein, in welchen Zwecken die Daten der Förderung von Geschäftsabschlüssen und anderem Wirtschaftsverkehr dienen.

Betrachtet man die Entwicklung jetzt großer, sogenannter „Sozialer Netzwerke“ und anderer Verzeichnisdienste bemerkt mann schnell, dass auch auf eine Datensammlung aus Mitgliederdaten im einfachsten Fall „Dislikes“ referenziert werden können, die man eigentlich als Mitglied nicht will.

Ein weiterer Anwendungsfall auf Basis von Mitgliederdatensammlungen ist willkürliches Scoring, nicht nur um, wenn es denn überhaupt ginge, vertrauenswürdige Geschäftspartners zu ermitteln, sondern Ziele der Wirtschaftsspionage sowie -Sabotage und anderer (krimineller) Machenschaften zu erfassen (Targeting). Auch das einfache Ausschalten von Konkurrenz kann der der Förderung von Geschäftsabschlüssen und anderem Wirtschaftsverkehr dienen.

Es ist schon erstaunlich, dass die IHK’s, die sich derzeit ganz groß „IT-Sicherheit“ sowie „Datenschutz“ auf die Fahne schreiben, zu mittelbaren Problemen ihrer Firmendatenbank anscheinend keine Risikoanalysen durchgeführt haben. Lediglich das Geschäft mit den Firmendaten scheint als Chance erkannt zu sein.

Ob die IHK’s durch solches Tun eine Garantenpflicht verletzen, kann ich nicht beurteilen, aber ..;) dass bei dieser beabsichtigten umfassenden Übermittlung von Mitgliederdaten sowie derer Duplizierbarkeit die jeweilige Nutzung nicht mehr durch die IHK’s selber als plausiblel gemäß des IHKG §9 Abs.4 geprüft wird, sondern die Prüfung vielmehr dem Daten-Kunden gemäß AGB BIHK e.V überlassen wird, macht nachdenklich.

Man kann nur wohlwollend vermuten, dass diese OptOut-Klausel im Gesetz aus historischen Vorzeiten stammt, in denen die Datensätze vom Sachbearbeiter der IHK noch per Hand abgezählt und dem Nutzer nach Prüfung des Zwecks unmittelbar ausgehändigt worden sind.

Heutzutage, angesichts der Datenfülle wird nicht nur von den PIRATEN sondern auch von Datenschützern in aller Welt ein generell übliches „OptIn“ gefordert: Diejenigen, die ihre Daten in den Datensammlungen plazieren bzw. bestimmte Dienste nutzen wollen, müssen ausdrücklich zustimmen,- sich eintragen. Es darf kein Automatismus entstehen, „üblicherweise“ alle personenbeziehbaren Daten erstmal den Datensammlungen hinzuzufügen, um dann die betroffenen Personen mit Fristsetzung aufzufordern, der beabsichtigen und de facto schon stattfindenden Verwertung bzw. Nutzung zu widersprechen.


Die weitere Datensammlung des BIHK e.V: Das „IHK-Standortportal Bayern“ wird auch aus den IHK-Mitgliederdaten gespeist,

Hierbei handelt es sich um einen „zeitgemäßen Standort- und Geodatenservice zur Standortberatung; Service bei Erweiterung, Verlagerung und Ansiedlung von Unternehmen in Bayern“ als Zweckbindung und mit folgenden Einzelangaben:

  1. Ihr Firmenname inkl. Rechtsform und Wirtschaftszweig
    (Schwergewicht)
  2. Ihre betriebliche Anschrift georeferenziert
    (Straße, Hausnummer, PLZ, Ort)

An diesem Beispiel kann man gut die Möglichkeiten von Erweiterungen der Daten- bzw. Objektklassen erkennen:

Diese Datenbank bietet nun den Nutzen, Mitgliederdaten der IHK mit den Geobasisdaten der Bayerische Vermessungsverwaltung zu verknüpfen. Das heißt nicht anders, als dass die Adressen der Mitgliederdaten der amtlichen Geodaten-Basis zugeordnet werden. Das Resultat als Datensatz sind die Geo-Koordinaten, die das Unternehmen-Datenobjekt dann erweitern.

Man kann sehr gut erkennen, dass auf Basis beider Dienste des BIHK e.V durch eine vereinigende Abfrage ein Datensatz entstehen kann, der alle Daten enthält.

An dieser Stelle sei insbesondere noch auf eine weitere Datenbank hingewiesen, die insbesondere die Firmen, die Kapitalgesellschaften betrifft: Der elektronischen Bundesanzeiger. Hier werden Geschäftsdaten wie Bilanzen den Firmen zugeordnet.

Vereinigt man auch diese durch Abfragen mit den IHK-Daten erweitert sich der individuelle Datensatz. Gleichsam werden einzelne Daten abgeglichen.


„Ich zieh hinaus mit lauter guten Freunden, und wenn die Berge nicht zusammenbrechen und uns bedecken, so kann mir nichts geschehen.“[Siegfrieds Tod]

Selbstverständlich kann man das Internet kommunikativ als soziales Netzwerk begreifen, man kann eine Schwarmintelligenz oder auch -Dummheit vermuten.
Die Zwecke der eigens gestalteten Steuerungsräume (Cyberspaces) sind subjektiv. Und selbst wenn die IHK aus lauter guten Freunden bestünde, die sich im Zweck einig sind, Ihre Mitglieder-Daten über das Internet zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen (Cyberspaces) zu übermitteln, ist es nicht zwingend, dass auch diese gleichem Zweck entsprechen, selbst
wenn man es im Übertragungsprotokoll vereinbart.

Es scheint ein Cargo-Cult im begrenzten Glauben des eigenen Seins, dass der Empfänger der IHK-Daten diese wiederum zum Nutzen des Senders verwendet, in Mana für die Mitglieder wandelt. Doch es ist eine rituelle Anmaßung, die die Privatsphäre der Mitglieder opfert, um alle ins Boot zu holen, sie dienbar vernetzt, und die hierbei maßgeblichen Institution, die IHK’s und den BIHK e.V als Macher erscheinen lassen, obwohl diese die Sache an sich an die Empfänger der Mitgliederdaten zur willkürlichen Erfüllung übertragen haben.

Ein wenig Geld wird damit gemacht. Und es scheint, man tut was zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken.


[1] https://www.bayreuth.ihk.de/xist4c/download/web/OberfraenkischeWirtschaft_06_2016_uplId_48259__coId_9057_.pdf
[2] http://www.ihk-nuernberg.de/de/media/PDF/Recht-Steuern/datenschutzhinweise_standortportal.pdf