Das „Zensursula-Gesetz“ ist tot! – Websperren vom Tisch

Die Piratenpartei Deutschland zeigt sich sehr erfreut über den Sinneswandel der schwarz-gelben Bundesregierung. Die Koalition hat das Zugangserschwerungsgesetz („Zensursula-Gesetz“) gekippt.

Ein trauriges Kapitel deutscher Gesetzgebung wurde von Union und FDP jetzt endlich geschlossen. Mit unglaublicher Polemik gegen die Fachwelt und gegen die Opferverbände wurde das Gesetz seinerzeit zwischen November 2008 und Juni 2009 vom damaligen Wirtschaftsminister zu Guttenberg und Familienministerin Ursula von der Leyen durch das Parlament gepeitscht.

Die Arbeit der Piratenpartei und anderer Bürgerrechtsorganisationen hat sich bezahlt gemacht. Ohne den Erfolg der Piratenpartei bei der Bundestagswahl 2009, der vor allem der Ablehnung von Internetsperren zuzuschreiben ist, und ohne den beständigen Druck, den die PIRATEN von Anfang an ausgeübt haben, wäre dieses Thema wohl nie bei den Regierungsparteien angekommen. Auch die beharrliche Arbeit von AK Zensur und MOGIS hat in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass endlich ein Umdenken stattgefunden hat.

Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei Deutschland Andreas Popp kommentiert erfreut: »Seit der letzten Bundestagswahl hat sich die Mehrheit der Abgeordneten immer vollmundig gegen das Zensurgesetz ausgesprochen. Statt es jedoch tatsächlich abzuschaffen, hat die Bundesregierung das Gesetz per Verfassungsbruch in eine Art Winterschlaf befördert. Der Beschluss, dieses unsägliche Machwerk nun zu kippen, war überfällig. Hoffentlich erledigt sich bald auch die Schnapsidee der Vorratsdatenspeicherung«.

Die Vorstellung, Freiheit und Liberalität des Internets durch Sperren einzuschränken, widerspricht den demokratischen Grundsätzen, für die die Piratenpartei kämpft. Dieser Erfolg motiviert uns, unsere Stimme auch weiterhin gegen jede Bedrohung der freien Meinungsäußerung, die Einschränkung von Bürgerrechten und eine Entwicklung hin zum Polizeistaat zu erheben. Im Kampf gegen die europäische Variante der Websperren („Censilia“, nach der schwedischen Europakommissarin Cecilia Malmström), geben die Piratenparteien in Europa nun erst recht nicht nach.

Gerade im Hinblick auf die von der Europäischen Kommission geschaffene neue Rechtslage im Bezug auf Themen wie ACTA, IPRED sowie INDECT sehen sich die Piraten darin bestätigt, weiterhin ausdauernd für ihre Ziele zu kämpfen.

Hintergrund

Die Geschichte des Gesetzes ist ein Beleg für die schlampige Arbeit der Regierung

Bilder kinderpornografischer Taten im Internet sollten laut dem Websperrengesetz über so genannte „Stoppschilder“ unzugänglich gemacht werden. In Wahrheit jedoch wäre dies lediglich eines Verschleierung solcher Missbrauchsdokumente gewesen. Insbesondere das Bundeskriminalamt (BKA) spielte mit falschen Angaben zu einem vermeintlichen „Milliardenmarkt“ für Kinderpornografie im World-Wide-Web eine unrühmliche Rolle. Ziel war es offensichtlich, bei den Internetprovidern eine Zensurinfrastruktur aufzubauen, die auch für andere Zwecke als für die offenbar vorgeschobene Bekämpfung der Kinderpornografie verwendbar gewesen wäre.

Wie das Gesetz selbst war auch das Gesetzgebungsverfahren eine Farce und wird noch immer am Bundesverfassungsgericht behandelt. Von der damaligen Großen Koalition aus Union und SPD wurde zudem die mit 134.000 Unterzeichnern gegen das Gesetz gerichtete an den Bundestag gerichtete Petition in verächtlicher Weise beiseite gewischt.

Schließlich wurde der Vollzug des Gesetzes nach der Bundestagswahl 2009 durch einen fragwürdigen Verwaltungsakt zunächst einmal ausgesetzt. Die schwarz-gelbe Koalition weigerte sich jedoch bis zum gestrigen Abend beharrlich, es auf korrektem Weg aufzuheben. Auch hierzu trug das Bundeskriminalamt mit immer neuen – unzutreffenden – Darstellungen bei. So sei es etwa vor allem im Ausland nicht möglich, kinderpornografische Seiten zu löschen. Dass das Gegenteil der Fall ist, wurde jedoch vom AK Zensur und den Internetprovidern selbst überzeugend nachgewiesen. Angesichts der erdrückenden Faktenlage ist das Gesetz nun gefallen. Das BKA musste die Unrichtigkeit seiner bisherigen Angaben einräumen.