20% Quorum leider nicht erreicht

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Bürgerentscheid mit nur 13% Wahlbeteiligung

Am Bürgerentscheid vom 10.04.2016 „Schützt die Reuther Hänge“ beteiligten sich 13,03% der stimmberechtigten Forchheimer Bürger. Somit erreichte dieser Entscheid nicht das Quorum von 20%. Von 24.313 Stimmberechtigten beteiligten sich 3.167 .

Das Ergebnis des Bürgerentscheids über alle Abstimmungsbezirke:

  • 75,77% „Ja“       – Gegen eine weitere Bauleitplanung
  • 24,23% „Nein“  – Nicht gegen …

Die Bürgerinitiative „Schützt die Reuther Hänge“, kommentiert das Ergebnis als Anfang vom Ende. Sie betrachtet das Quorum von 20% als sehr hoch, insbesondere da die Bürger nicht, wie sonst auch in anderen bayerischen Städten und Gemeinden üblich, postalisch über die Wahl unterrichtet wurden. Dieser Umstand geht auf eine Verwaltungsanweisung vom alten OB Franz Stumpf (CSU) und dem agieren der CSU-Stadtratsmehrheit zurück.


Die PIRATEN begrüßen die Möglichkeit, sich mittels Bürgerentscheiden beteiligen zu können, hofften auf das Interesse der Bürger sowie eine hohe Wahlbeteiligung. Angesichts dieser geringen Wahlbeteiligung stellen sich jedoch kritische Fragen und man sucht Antworten, – was lernt man daraus?!

Sicherlich ist ein Bürgerentscheid ohne schriftliche Benachrichtigung ein Grund, dass sich wenig Stimmberechtigte an der Abstimmung beteiligt haben. Jedoch ist es auch fehlendes Interesse bzw. eine fehlende Betroffenheit der Bürger an der Sache des Bürgerentscheides.

Nr Abstimmbezirk Stimmberechtigte Wähler Beteiligung in % „Ja“ „Nein“ „Ja“ in % Fussweg/km
0001 Katharinenspital 1.977 166 8,40 104 62 62,65 4,0
0002 Kindergarten Carl Zeitler 1.442 43 2,98 29 14 67,44 4,9
0003 Adalbert-Stifter-Schule 2.204 56 2,54 29 14 60,71 4,3
0004 Pfarrsaal St. Anna 1.525 143 9,38 100 42 69,93 3,4
0005 Anna-Schule 1.503 178 11,84 128 50 71,91 3,4
0006 PSZ der Sparkasse 2.685 70 12,66 128 50 79,29 3,4
0007 Rot-Kreuz-Zentrum 926 43 4,64 33 10 76,74 2,8
0008 Caritas Altenheim St. Elisabeth 1.076 109 10,13 76 33 69,72 2,8
0009 Don-Bosco-Heim 1.929 299 15,50 237 61 79,53 2,4
0010 Volksschule Reuth 1.789 524 29,29 367 156 70,17 0,5
0011 Volksschule Kersbach 1.745 86 4,93 65 21 75,58 6,7
0012 Dreikönigs-Pfarrheim Burk 1.705 164 9,62 97 67 59,15 5,5
0013 Kreuzkirche 1.627 93 5,72 59 34 63,44 5
0014 Volksschule Buckenhofen 2.180 160 7,34 120 40 75,00 5,5
0021 Briefwahl 1 0 763 678 83 89,09

Betrachtet man die Ergebnisse der einzelnen Abstimmbezirke, läßt sich leicht feststellen, das im Stadtteil Reuth selbst, das Quorum von 20% erreicht wurde.
Die Entfernung zu Fuß vom Abstimmungsort zu den Reuther Hängen kann nur ein vereinfachtes Beispiel für eine individuelle Betroffenheit der Stimmberechtigten sein. Die wirkliche Betroffenheit des einzelnen  Bürgers lässt sich nicht feststellen.
Feststellen kann man dennoch, dass die Entfernung des Wohnortes der Stimmberechtigten von dem Objekt des Bürgerentscheides sich in der entsprechenden Wahlbeteiligung des Abstimmungsbezirkes widerspiegelt.
Zu bemerken ist des Weiteren, dass unter den beteiligten Stimmberechtigten in allen Abstimmbezirken eine hohe Zustimmung zum Bürgerentscheid besteht: Alle Abstimmbezirke liegen weit über 50%, – die Briefwähler sogar bei 89,09%.

Neben der Kritik an der Durchführung des Bürgerentscheides durch die Stadt Forchheim, muss sich die Bürgerinitiative „Schützt die Reuter Hänge“ auch fragen lassen:
Warum wurde der Gegenstand des Bürgerentscheids und die vorhergehende öffentliche Diskussion nicht auf eine Betroffenheit aller Forchheimer Bürger ausgerichtet?!

Die derzeitige Verdichtung Forchheims betrifft nicht nur die „Reuther Hänge“. Auch in anderen Stadtgebieten werden mit Hilfe von Sanierungssatzungen sowie Baulandmodellen Flächen neu geordnet, um ihre wirtschaftliche Nutzung im Sinne der Stadt Forchheim (Körperschaft öffentlichen Rechts) zu steigern.
Der städteplanerisiche sowie ökonomische Zweck bestimmt wirtschaftlich untergenutze Fläche als städtebaulichen Missstand. So werden individuelle Freiräume als Plätze persönlicher Entfaltung durch Anmaßung kommunaler Interessen als unwirtschaftlich behandelt. Urbaner Freiraum wird entsprechend zweckmäßig als öffentliche Angelegenheit gestaltet. – Das hierbei durch die Stadtverwaltung verwirkliche „öffentliche Interesse“ resultiert auch wesentlich aus Selbstzweck im kommunalen Wettbewerb.

In der Frage einer weiteren Verdichtung Forchheims sind sich alle politischen Akteure einig, Sie folgen auch einer Landesentwicklung Bayern, deren zentrale Aufgabe es ist, Bayern und seine Teilräume zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Die Entwicklung Forchheims in einer Metropolregion Nürnberg wird ebenso durch den europäischen Masterplan EUREK, das „Europäisches Raumentwicklungskonzept“ bestimmt.

Im Rahmen der herrschenden Ordnung entwickelt die Stadt mit Hilfe von Baulandmodellen sowie Sanierungssatzungen eigene Geschäftsfelder. Zentral ist hierbei auch die GWS-Forchheim als Wohnungsbau- u. Sanierungsgesellschaft der Stadt Forchheim mbH. Diese vermarktet die erworbenen Flächen der Stadt Forchheim. – Das Haus der Wohnungswirtschaft wirbt mit „einem partnerschaftlichen Wohnungsmarktkonzept unserer Unternehmen„.

Bürgerentschiede können das herrschende, ordnungspolitisch gesetzte „öffentliche Interesse“ korrigieren. Jedoch sollte der Entscheid generell, auf einer für alle geltenden ordnungspolitischen Ebene wirken. Um die stimmberechtigten Bürger zu betreffen, sollte eine politische Diskussion an jedermann adressiert werden:  Die Auswirkungen einer verdichteten ökonomischen Nutzung des Stadtgebietes wird durch die dort lebenden und wirtschaftenden Menschen getragen. Durch die derzeit politisch entschiedenen Maßnahmen wird Gentrifizierung gefördert, ein sozioökonomischer Strukturwandel im Sinne einer Abwanderung ärmerer und eines Zuzugs wohlhabenderer Bevölkerungsgruppen. Parallel dazu steigen die Preise.

Es reicht für einen Bürgerentscheid in Forchheim nicht, nur die Bauleitplanung „Forchheim – Reuth, Bereich nördlich der Ruhstraße und westlich des Oberen Schulwegs“ einstellen zu wollen. Um eine Veränderung zu erreichen, wird man den allgemeinen Ordnungsrahmen der Stadt öffentlich diskutieren und abstimmen müssen.

Im Hinblick auf die kommenden Wahlen der nächsten vier Jahre, sollten sich hieraus bürgerbezogene wie gesellschaftliche Themen zur politischen Diskussion entwickeln.

PIRATEN beteiligen sich.